Historie der Zunft

Eine der ältesten Aufzeichnungen, welche unser Bochingen mit der Fasnet in Verbindung bringt, stammt aus einer Niederschrift des Augustinerklosters anno 1664 (Prior Nicolaum Benning) mit folgendem Wortlaut:

"Auf Aschermittwoch 1664 gab prior Benning

einen Daler der Bürgerschaft  ... den bochinger

weibern einen halben Gulden; hingegen haben

die bochinger weiber für das Fasnachtsküchle

bracht 32 ayer  ... Dies sind alte gebräuch."

Bochingen hatte damals auf den "Zinstag nach Hilarius" auch ein Fasnachtshuhn an das Kloster abzuliefern.

Nachdem in Bochingen sicher auch viele Jahre vor 1925 während der Fasnachtstage Narretei getrieben wurde, und sich auch bereits Anfang 1923 (lt. Überlieferung) einige Personen bemühten, die Fasnet in ordentliche Bahnen zu lenken, endete die sogenannte "wilde Fasnet" mit der Gründung einer Narrenzunft am 28.Februar 1925 im Gasthaus zum "Löwen".

In einer sehr lebhaften Gründungsversammlung, welche von Josef Söll und Rudolf Hirt ins Leben gerufen wurde, setzte sich der erste Bochinger Elferrat aus folgenden Personen zusammen:

Präsident: Josef Söll

Schriftführer: Rudolf Hirt

Kassierer: Eugen Digeser

Elferratsmitglieder: Julius Sohmer, Julius Müller, Josef Schneider, Alfred Digeser, Oskar Gapp, Peter Hirt, August Haag, Karl Schneckenburger.

 

Zitat aus dem Gründungsprotokoll:

"Der Präsident forderte in markanten Worten auf zur Belebung,

Verschönerung der Sache, aber auch die wilden Auswüchse zu beseitigen

und für Ordnung und Sachlichkeit einzutreten. Mit Begeisterung wurden

diese Worte aufgenommen und es ist die strengste Pflicht eines jeden

Mitgliedes, treu zur Sache zu halten."

Bereits im Jahr 1925 gab es eine Narrenzeitung und einen Bürgerball mit Maskenprämierung. Die Preise zur Prämierung schlugen mit 74 Reichsmark zu Buche. Der Narrenblättle - Verkauf brachte Einnahmen von 101,75 Reichsmark. Bei der zweiten Generalversammlung 1926 im Gasthaus "Adler" wurden von der Narrenzunft 90 Liter Bier an die Elferräte und Mitglieder ausgegeben, so dass letztendlich ein Kassenstand von 33 Reichsmark übrigblieb.

 

Die Gründer unserer heutigen Narrenzunft Bochingen hatten in den Anfangsjahren mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen. So belegt ein Sitzungsprotokoll bei Elferrat Julius Müller (dem Großvater unseres heutigen Ehrenelferrates Willi Walz) Im Jahr 1926

 

"Nachdem auch dieses Jahr wieder die Unsitte umsich griff, 6 und 7 Wochen vor der Fasnacht Narren - Unfug zu treiben, wurde uns die Fasnacht verboten und ca. 8 Narrenkleider beschlagnahmt. Um die Sache wieder frei zu bekommen, werden die Mitglieder Söll und Hirt beauftragt, eine Eingabe ans Oberamt zu formulieren, sowie auch mit dem Präsident der Oberndorfer Zunft Fühlung zu nehmen."

Nicht selten kam es vor, dass einzelne Mitglieder und auch Elferräte wegen Verstoßens gegen Versammlungsbeschlüsse wie z.B. "... kein Narrenlaufen vor dem Schmotzigen... oder ...das Tragen von Rollen (Narrenschellen) nach der Betglocke... " aus der Zunft ausgeschlossen wurden.

 

Eine Anekdote aus dem Jahr 1927, die uns heute eher schmunzeln lässt, ist die Anfrage eines Mitgliedes unter Punkt Verschiedenes, den Grundstock der Kasse auf 50 Mark festzusetzen und den Rest jeweilig in der Generalversammlung in Bier umzusetzen. Der Antrag wurde so rege diskutiert, dass es am Schluss noch zu einer Abstimmung kam. Das Ergebnis: 27 Mitglieder stimmten dem Antrag zu, 22 waren dagegen. So war also sichergestellt, dass es immer genügend Freibier zu trinken gab.

 


Bochinger Fasnet in den Vorkriegsjahren (1925-1938)

 

Ein Bochinger Fasnets - Bild aus dem Jahr 1929. Es zeigt einige Narros und Hansel mit den damaligen Elferräten v.l.: Adelbert Ruof, Theodor Schneider, Anton Diechle, Eugen Digeser und Alfred Digeser.

 

Stolz präsentieren sich zwei Narros dem Fotografen. Die damals typische Bemalung der Narrenhose (Vorderseite) mit Löwe und Bär ist hier sehr gut zu erkennen.

 

Eines der wohl ältesten Fasnetsbilder aus den 20er Jahren zeigt eine bunte Umzugsgruppe bestehend aus Hansel (damals noch mit Brezelstangen), Narros, einem Domino mit Saubloder und einer Blechmusik, und im Hintergrund mit Zylinder die Elferräte. Aufgenommen in der heutigen Balingerstrasse vor dem Haus Fromm gegenüber Textil Schreiber.

Im Jahr 1936 waren es bereits über 20 Narro und Hansel, die sich zusammen mit den Elferräten dem Fotografen stellten.

 

Die Bochinger Musikkapelle im Jahr 1930 in Fasnetskostümierung mit den Musikern Wilhelm Holzer, Oskar Haag, Albert Kögel, Julius Traub, Emil Kanz, Pius Summ, Adelbert Ruof, Albert Holzer, Alfred Haag, und Julius Kanz.

 

Die Wiederaufnahme der Vereinstätigkeit

Im Jahr 1949 wurde die Bochinger Narrenzunft und Fasnet in einer von 86 Mann besuchten Versammlung wieder ins Leben gerufen.

 

Albert Brandecker fertigte die entsprechenden Anträge ans Bürgermeisteramt, Landratsamt, sowie an die Französische Militärregierung um Genehmigung einer Vereinstätigkeit. Ebenso reichte Brandecker den Entwurf einer neuen Satzung ein. Die Genehmigung wurde erteilt.

 

Schatzmeister Alfons Aichelmann gedachte in ehrenden Worten der 24 im Krieg gefallenden Mitglieder der Zunft.

 

Der erste Elferrat der Nachkriegszeit setzte sich wie folgt zusammen:

Vordere Reihe v.l.n.r.: Josef Söll (Präsident), Alfons Aichelmann (Schatzmeister), Josef Bach.

Mittlere Reihe v.l.n.r.: Josef Hirt, Werner Holzer (Schriftführer), Adelbert Ruof, Oskar Digeser.

Hintere Reihe v.l.n.r.: Willi Heim, Friedrich Holzer, Albert Brandecker, Paul Bieger.

Bochinger Fasnet von 1949 bis heute

Narrensprung 1956: Links der alte Kreuzbrunnen und das Haus Möhrle.

Beim Bürgerball 1965 führten de Elferrats - Sprösslinge eine Sitzung als "Jung - Elferrat" vor. 

 

Als muntere "Riesen - Babies" konnte man den Elferrat beim Bürgerball in den 60er Jahren erleben. V.l.n.r. sehen wir: Willi Heim, Erwin Fechter, Helmut Peters, Alwin Haaga und Albert Brandecker.

 

 

Auch bei den zahlreichen Auswärtsbesuchen von Narrentreffen ist die Narrenzunft Bochingen immer ein gern gesehener Gast. Hier ein Bild vom Narrenringtreffen in Waldmössingen im Jahr 1985 mit dem leider verstorbenen Ehrenpräsidenten Heinz Angler in der Mitte.

Die Elferräte ziehen als Fasnetsmontags - Gruppe durch die Bochinger Lokale.

Fasnet 1956: Eines der ersten Fasnetsbilder, auf dem auch das Bennerrössle und das Bauernpaar zu sehen ist.

Auch die Jugend war an den Bürgerbällen mit dabei. So wurde hier in der Krone die "Schwäbische Eisenbahn" prämiert.

Schaffner: Robert Holzer, Lokführer: Horst Hirt,

Bauer: Kurt Höhn, Bäuerin: Heinz Holzer (im Vogelloch). 

Julius Essel, Albert Brandecker und Heinrich Digeser als "Chinesen - Elferräte" und Heinz Angler beim Nachschenken (v.l.n.r.).

 

So präsentierte sich die Narrenzunft in den 1960er Jahren auf einer Postkarte (Foto-Scheck/Buchdruckerei Fritsch).

Damals waren die Motive der Narro - Bemalung noch nicht einheitlich festgelegt. Eine entsprechende Richtlinie zur Bemalung mit Graf Bocho und Burgfräulein wurde erst Anfang der 70er Jahre vom Elferrat festgelegt. Narromaler Karl Schmid hat dazu die Entwürfe gemacht.

Seit Bestehen des Bürgerballs wird traditionell der Narrensprung auf der Bühne aufgeführt, anschließend gibt es für die Ballbesucher einen "Brezelsegen".

Der Höhepunkt der Bochinger Fasnet ist der Historische Narrensprung am Fasnetsdienstag.

Die ca. 400 Maskenträger bieten Jahr für Jahr ein farbenprächtiges Umzugsbild.